Sufismus allgemein

 

Frauen im Sufismus

Camille Adams Helminski: Women of Sufism. A Hidden Treasure. Writings and Stories of Mystic Poets, Scholars & Saints. Shambala 2003.

Viele kennen Rabi'a von Basra, die große Sufi-Heilige. Helminski zeigt, dass sie kein Einzelfall war. Fasziniert hat mich z.B. die starke Rolle der Frauen im iranischen Neyshabur, das im Mittelalter eines der Hauptzentren für die Entstehung und Entwicklung des Sufismus neben Baghdad war.

 

Frühe Meister

Al-Hujwiri. Revelation of the Mystery. Transl. by Reynold A. Nicholson. Pir Publications 1999.

Hujwiri, ein Sufimeister aus dem 11. Jh., schrieb dieses Handbuch über Sufismus als Antwort auf die Fragen eines Freundes zum Thema. Er gibt darin einen guten Überblick über die Konzepte und Schulen des Sufismus in seiner Zeit. Sehr berührt haben mich z.B. die Ausführungen in Kap. XXIV über die Präsenz des Augenblicks und die Kunst, das anzunehmen, was IST.

Farid ud-Din Attar: The Conference of the Birds. Penguin Classics, London 19 84.

Diese wunderbare Erzählung von den Vögeln, die sich auf die Suche nach dem mythischen König Simorgh machen und schließlich nach der Wanderung durch sieben Täler ihr eigenes Selbst entdecken, gibt es auch auf Deutsch. Doch wer wirklich in die Tiefen dieser Erzählung eintauchen und all die Perlen wahrnehmen möchte, die in diesem Text verborgen sind, sollte lieber sein Englisch aufpolieren und diese wirklich gute Übersetzung aus dem Persischen von Afkham Darbandi und Dick Davis lesen.

Firoozeh Papan-Matin: Beyond Death. The Mystical Teachings of Ayn al-Qudat al-Hamadhani. Koninklije Brill NV, Leiden, Boston 2010.

Mit seiner Differenzierung zwischen intellektuellem und intuitivem Wissen gilt Hamadani als Vorläufer von Suhrawardis Lehre des „Wissens durch Präsenz“. Hamadanis Schriften, die sich vor allem auf das Thema der Erfahrung des „mystischen Todes“, des Aufgehens in Gott (fana oder Auslöschung des Ego) und der Auferstehung in Gott konzentrierten, wurden u.a. im indischen Chisti-Orden (von dem der Inayatiorden abstammt) kommentiert und weiterverbreitet.

Scott Kugle: Sufi Meditation and Contemplation. Timeless Wisdom from Mughal India. Omega Publications 2012.

Genau genommen enthält dieses Buch drei Texte – die „Almosenschale“ des Shaykh Kalimullah, einen Text des indischen Sufimystikers und Prinzen Dara Shikoh, und einen Text, der angeblich auf Mu'in al-Din Chishti zurückgeht, den Begründer des Chishtiordens in Indien. Alle drei hängen eng mit der Übertragungslinie des Inayatiordens zusammen. Am meisten fasziniert hat mich jedoch die Almosenschale. Shaykh Kalimullah ging damals von Meister zu Meister, auch jenseits der Ordensgrenzen, und bat einen jeden von ihnen, seine Lieblingsübung in diese Schale zu legen. Der Text bringt deshalb eine unglaubliche Fülle verschiedenster Sufipraktiken. Beinah noch wertvoller erscheinen mir allerdings die schlichten und von tiefer Weisheit getragenen Bemerkungen, mit denen Shaykh Kalimullah seinen Schatz präsentiert.

 

Gottesnamen

Medizin des Herzens: 99 Heilungswege der Seele, hrsg. v. Wali Ali Meyer, Bilal Hyde, Faisal Muqaddam, Shabda Kahn. Vlg. Heilbronn, Weinstadt 2016.

Eine zeitlang wurde mir dieses wunderbare Buch zum ständigen Begleiter. Und auch heute noch ist es meine Hauptquelle für Informationen zu den göttlichen Qualitäten. Die Autoren zeigen nicht nur den ganzen Reichtum der arabischen Wortwurzeln und Bedeutungsfelder der 99 Namen Gottes, sie führen auch ein in die tiefen psychologischen und spirituellen Transformationsprozesse, die durch diese Qualitäten ausgelöst werden können.

 

Ibn Arabi

Muhyiddin Ibn Arabi: Abhandlung über die Liebe. Chalice Verlag 2009.

Es ist die Auseinandersetzung mit der Liebe, die mich letztlich zu den Sufis geführt hat. Und Ibn Arabis Erkenntnisse zu diesem Thema haben mich – neben Suhrawardi und Jami – ganz besonders berührt. Dieses Buch bringt sorgfältig gewählte Ausschnitte aus der Futuhat al-Makkiyah, dem Hauptwerk des Shaykh al-Akbar. Spannend finde ich etwa den Zusammenhang zwischen den Elementen und bestimmten Qualitäten der Liebe.

William C. Chittick: „The Divine Roots of Human Love“, Journal der Muhyiddin Ibn 'Arabi Society, Volume 17, 1995 (http://www.ibnarabisociety.org/articles/divinerootsoflove.html).

Dieser Artikel Chitticks, der auch online verfügbar ist, hat einige interessante und z.T. auch provokante Aussagen von Ibn Arabi zum Thema Liebe herausgearbeitet, z.B. die Erkenntnis, dass das Objekt der Liebe nicht existent sei. Denn der Liebende liebe nicht die Person des Geliebten, auch wenn er das glaube, sondern nur das an dieser Person, was im Moment nicht (!) existent sei ...

Henry Corbin: Alone with the Alone. Creative Imagination in the Sufism of Ibn 'Arabi. Princeton University Press 1997.

Wunderbare Einführung in die Gedankenwelt von Ibn Arabi und eines jener Bücher, die man immer wieder lesen muss, um jedesmal ein Stückchen mehr davon zu verstehen.

Toshihiko Izutsu: Sufism & Taoism. A comparative study of key philosophical concepts. The University of California Press, 1984.

Toshihiko Izutsu ist ein weiterer Gelehrter, der es versteht, in die Lehren Ibn Arabis einzuführen. Seine Darstellungen sind Schritt für Schritt und klar nachvollziehbar aufgebaut. Im zweiten, deutlich kürzeren Teil des Buches widmet sich Izutsu dem Taoismus, in dem er ähnliche Konzepte wie bei Ibn Arabi zu erkennen glaubt, obwohl es zwischen diesen beiden Traditionen wohl kaum je historische Kontakte gab.

Mohamed Haj Yousef: Ibn Arabi – Time and Cosmology. Routledge, London 2011.

Yousef ist gelernter Physiker und zeigt in diesem spannenden Buch, wie Ibn Arabi bereits im späten Mittelalter Erkenntnisse über die Themen von Zeit und Raum vorweggenommen hat, die wir erst jetzt schön langsam mit Hilfe der Wissenschaft zu begreifen beginnen.

 

Rumi

Mostafa Vaziri: Rumi and Shams' Silent Rebellion. Parallels with Vedanta, Buddhism, and Shaivism. Palgrave Macmillan, N.Y. 2015.

Eine tiefgehende und gleichzeitig erfrischende Sicht auf den berühmten Sufidichter Rumi und seinen Lehrer Shams. Und ein Blick auf das, was verschiedene spirituelle Traditionen wie beispielsweise Sufismus, Buddhismus und Vedanta verbindet.

 

Sufigeschichten

Mojdeh Bayat and Mohammad Ali Jamina (Hrsg.): Tales from the Land of the Sufis, Shambala 2001.

Dieses Buch war neben Hazrat Inayat Khans „Die Seele. Woher und Wohin“ meine zweite Einstiegsdroge in den Sufismus. Darin werden die berühmtesten Liebesgeschichten der Sufitradition in gut lesbarer Form dargestellt. Sufigeschichten sind paradox und fordern die Leserinnen und Leser immer wieder auf ganz besondere Weise heraus, die tiefe Weisheit hinter dem scheinbar Absurden zu erahnen. Ganz besonders hat mich die Geschichte von Yusuf und Zuleikha des Dichters Jami berührt – eine Geschichte über die Transformationskraft der Liebe, die uns auf uns selbst zurückwirft und uns mit dem Hässlichsten und dem Schönsten in uns gleichermaßen konfrontiert, bis das Ego in uns schließlich abstirbt und wir nur noch Liebe sind.

 

Suhrawardi

Suhrawardi: The philosophical Allegories and Mystical Treatises. hrsg. Wheeler M. Thackston. Mazda Publishers 1999.

Das Buch ist zweisprachig, persisch und englisch, mit einer ausführlichen und informativen Einleitung des Übersetzers. Die mythischen Traktate Suhrawardis überzeugen durch die Kraft ihrer Bildsprache und die tiefe Weisheit, die darin zutage tritt. Eines meiner Lieblingskapitel daraus ist die Abhandlung „On the Reality of Love“.

Suhrawardi: The Philosophy of Illumination, hrsg. John Walbridge & Hossein Ziai. Brigham Young University Press 1999.

Das Buch ist zweisprachig, arabisch und englisch, mit einer ausführlichen Einleitung der Übersetzer. Die Philosophie der Erleuchtung ist DAS Hauptwerk Suhrawardis und nicht immer einfach zu verstehen. Ich war deshalb froh, dass diverse Kommentatoren (siehe nachfolgende Bibliografie) dazu beigetragen haben, Suhrawardis philosophische Konzepte näher zu beleuchten. Dennoch, nur im Originalton des Sufimeisters kommt seine klare, nüchterne Sprache zur Geltung, die gleichzeitig immer wieder von leidenschaftlichen und intensiven Ausbrüchen durchsetzt ist, die den Leser und die Leserin in Höhen zu tragen vermögen, die sie alleine nie erreicht hätten.

Suhrawardi: The Shape of Light. Interpreted by Shaykh Tosum Bayrak al-Jerrahi al-Halveti. Fons Vitae 1989.

Abhandlung über die sieben Formen des Lichts; und mit einem Epilog über die Sufifabel von den Städten der Seele des Shayhkhs Muhammad Sadiq Naqshbandi Erzinjani. Letzteres stellt einen interessanten Beitrag zur Sufipsychologie von den verschiedenen Stationen der Nafs (=Ego; Seele) dar.

Isma'il Ankaravion: The Illuminative Philosophy. His Izahu'l-Hikem: its edition and analysis in comparison with Dawwani's Shawakil al-hur, together with the translation of Suhrawardi's Hayakil al-Nur. Hrsg. v. Bilal KuspinarKuala Lumpur 1996.

Dieses bemerkenswerte Buch enthält ebenfalls eine Übersetzung von Suhrawardis Hayakil al-Nur (The Shape of Light, s.o.) plus zwei historische Kommentare dazu, einen von Isma'il Ankaravion, einen von Dawwani.

John Walbridge: The Wisdom of the Mystic East. Suhrawardi and Platonic Orientalism. Albany, N.y. 2001.

Walbridge zeigt, wie Suhrawardi neuplatonisches Gedankengut mit dem alten zoroastrischen Erbe des Iran verbindet und etwas völlig Neues daraus schafft.

John Walbridge: The Leaven of the Ancients. Suhrawardi and the Heritage of the Greeks. State University of New York Press, Albany 2000.

Abhandlung über die Einbindung von Suhrawardis „Philosophy of Illumination“ in die griechische Philosophiegeschichte.

Mehdi Amin Razavi: Suhrawardi and the School of Illumination. Curzon Press. Richmond 1979.

Philosophische Abhandlung über Suhrawardis Konzept des Wissens durch Präsenz.

Henri Corbin: Die smaragdene Vision. Der Licht-Mensch im persischen Sufismus. Übers. A. Schimmel, München: Diederichs 1989.

Hier geht es vor allem um den feinstofflichen Körper und seine Licht- oder Energiezentren, und um die „innere Geografie“ dieses Subtilkörpers. Corbin greift dabei neben Texten von Suhrawardi auch auf Texte von Najmuddin Kubra, Ruzbehan Baqli, Alaoddawleh Semanani u.a. bedeutenden Sufimeistern zurück.

Henri Corbin: Spiritual body and Celestial Earth. From Mazdean Iran to Shi'ite Iran. Princiton University Press, 5. Aufl. 1989.

Abhandlung über die Bewusstseinsebene der Imagination, jener Ebene in unserem Denken, in der weltliche Eindrücke und die Symbolsprache des Geistes aufeinandertreffen und einander gegenseitig durchdringen, bis – so das Endziel – der Körper vergeistigt und der Geist materialisiert ist. Im zweiten Teil des Buches bringt Corbin Texte von Suhrawardi, Ibn Arabi, Qaysari u.a. bedeutenden Sufimeistern zu diesem Thema.