Suhrawardi Übersetzungsprojekt

 

Suhrawardis Werke sind teils in seiner Muttersprache Persisch, teils in der damaligen Wissenschaftssprache Arabisch verfasst. Etwas mehr als die Hälfte seines überlieferten Werks ist publiziert, nicht jedoch 'okkulte' Schriften wie die 'Waridat wa taqdisat', zu deutsch 'Gebete und Anrufungen', die im Manuskript Ayasofya 2144 überliefert sind. Wie John Walbridge in seinem Artikel "The Devotional and Occult Works of Suhrawardi the Illuminationist" zeigt, gibt es jedoch kaum Grund, an der Authentizität dieser Gebete zu zweifeln. Sie sind in einer illuministisch geprägten Sprache geschrieben, die mit anderen Werken Suhrawardis kompatibel ist.  Walbridge: "Tatsächlich ist das, was er macht, Theurgie - etwas, was sehr tief in der platonischen Tradition verankert ist. Seine Gebete sind denen, die Proclus an die Himmelskörper richtet, sehr ähnlich."

Als ich mich 2007 intensiv mit Suhrawardi beschäftigte, hätte ich diese Gebete gerne gelesen. Und wie es der Zufall so will, fiel mir ausgerechnet zu diesem Zeitpunkt eine Ausgabe des Magazins Elixir (Nr. 4/07) in die Hände, das von Pir Zia Inayat Khan, dem Leiter des Inayatiordens, herausgegeben wurde. Darin fand ich einen Teil der Ayasofya 2144, insgesamt neun dieser Gebete und Anrufungen, ins Englische übersetzt. Ich kontaktierte den Autor, Jamal Atalla, sowie Pir Zia, und bekam Fotografien der arabischen Handschrift zur Verfügung gestellt. Dann animierte ich meine Arabischlehrerin Sonia Al-Dulayme, eine gebürtige Iraqerin, die 'Waridat wa taqdisat' ins Deutsche zu übersetzen. Das war gar nicht so einfach, weil die Handschrift bisweilen schwer leserlich oder zweideutig ist.

 

Sonia Al-Dulayme

Sonia studierte an der Al-Mustansiriyah Universität in Bagdad (Master of Business Administration 1982) und schloss 2011 ihr Magisterstudium der Arabistik an der Uni Wien ab. Von 2000 bis 2005 leitete sie die arabische Buchhandlung Averroes. Derzeit unterrichtet sie Arabisch am Institut für Arabistik und Orientalistik der Uni Wien.

Sie verfügt auch über eine profunde Kenntnis des sufischen Gedankengutes, und die Übersetzung der 'Waridat wa taqdisat' hat ausschließlich sie gemacht. Mein Part war die Bearbeitung des deutschen Textes. Und Sonia und ich diskutierten oft lange, bis wir uns für die eine oder andere Wortwahl entschieden. Die hier präsentierten Gebete machen übrigens nur rund ein Drittel der 'Gebete und Anrufungen' aus. Ursprünglich hatten wir geplant, die Übersetzung der gesamten 'Waridat wa taqdisat' als Buch herauszugeben. Doch dann kam es aus persönlichen Gründen zu Verzögerungen dieses Projekts.